Drei Tage Chiang Mai sind genug für mich. Die Stadt ist kleiner als Bangkok und übersichtlicher. Die Altstadt ist quadratisch und trotzdem verlaufe ich mich jeden Abend. Ok, mit meinem Orientierungssinn ist das auch keine Kunst, trotzdem zehrt das an den Nerven.
Geld kann man hier sehr gut ausgeben, ohne viel Mühe bin ich beim letzten Drittel meines Budgeds angelangt, obwohl erst Halbzeit der Reise ist.
Der letzte Ausflug in die Umgebung von Chiang Mai führt mich und Ralf an einen Stausee. Wir haben uns Mopeds ausgeliehen, die guten Honda Dream, nur echt mit Körbchen vorne 😉 Ich bin bisher immer nur Automatikroller gefahren, aber mit der Halbautomatik (man braucht nicht kuppeln) komme ich auch schnell klar. Der Linksverkehr ist in der Stadt überhaupt kein Problem – man muss nur den anderen hinterher fahren. Draußen, wenn weit und breit kein Auto zu sehen ist, verwechsel ich am Anfang gelegentlich die Seiten.
Am Stausee ist es brütend heiß, die Landschaft ist wunderschön und endlich ist die Luft frei vom Zweitaktduft. An einem der „Restaurants“ halten wir zum Mittag, man kann in Bambus-Pavillions am Wasser sitzen und sich den Wanzt vollschlagen, während man der Stille zuhört. Das erste Mal in diesem Urlaub kann ich ungefähr das nachvollziehen, was Stefan über seine unzähligen Motorradausflüge in Kambodscha schreibt.
Ich wollte mich eigentlich treiben lassen, aber ein wenig mehr Planung im Voraus wäre nicht schlecht gewesen. Ich bin unschlüssig, Loy Krathong sollte ein Highlight werden, das danach hatte ich nicht wirklich festgelegt. Eigentlich wollte ich mit dem Bus die Chiang-Mai-Schleife fahren, im Hotel hat man mir die Reise für 7000 Bath angeboten. Sicher geht es billiger, aber ich will auch nicht anfangen mir unbekannte Leute zusammenzutrommeln, um den Van vollzubekommen. Statt dessen überlege ich das mit dem Moped zu machen, ich schätze die Strecke auf 300 km. Dagegen spricht die Zeit und die Vorstellung mit Rucksack und Fototasche stundenlang die Straßen entlangzufahren. Ich bin hin- und hergerissen zwischen der Freundlichkeit der Menschen im Norden und den Verheißungen des Südens.
Am Abend ist der Höhepunkt des Loi Krathong Festivals. Es wird geböllert, was das Zeug hält. Wenn der Krach nicht wäre, würde eine gewisse Romantik aufkommen – am Himmel fliegen hunderte Heißluftballons aus Papier und ersetzen die vom Smog verhüllten Sterne. Man kann die Ballons überall für 30 bis 60 Bath kaufen und dann steigen lassen.
Die Hochzeitsgesellschaft versucht eine Kneipe zu finden, in der man den letzten Abend gemeinsam feiern kann, ich mache mich auf die Jagt nach Fotomotiven und will später dazustoßen. Die Stadt ist voller Menschen, ich schlage mich mit Ohrenstöpseln bewaffnet zum Fluss durch. Dort schwimmen weniger Kerzen, als ich gehofft habe, dafür schwebt über dem Wasser der Schwarzpulvernebel. Ich wate durch den Uferschlamm und versuche eine paar Bilder zu machen, mit wenig Erfolg. Als ich bei dem Versuch zu einer anderen Stelle des Ufers zu gelangen im Stau aus Menschen, Tuk Tuks und Mopeds steckenbleibe, gebe ich auf und gehe zurück zum Hotel. Natürlich verlaufe ich mich und stehe plötzlich im Nirgendwo. Ein Tuk Tuk Fahrer bietet mir die Strecke für 200 Bath an, ich lache einmal herzlich und stapfe fluchend von dannen. Als der Verkehr wieder dichter wird (ein untrügliches Zeichen für die Nähe zur Innenstadt), finde ich ein Tuk Tuk für 60 Bath, das ist nicht billig, aber ok. Die Tochter des Fahrers sitzt gequetscht neben ihm auf dem Boden, ich bemitleide ihre Atemwege.
Ich stoße zur Hochzeitsgesellschaft, die den letzten gemeinsamen Abend mit Whiskey-Soda und Bier begießt.
Kleine Bierkunde für Thailandurlauber: Singha-Bier schmeckt wie gutes deutsches und ist relativ teuer. Chang bzw. Elefantenbier (Zwei Elefanten vorne drauf) ist auf dem Niveau von Hansa-Pils 😉 Weiter bin ich noch nicht gekommen…
Ralf und Christoph empfehlen Pai, 100km nördlich von Chiang Mai. Nichts besonderes aber die Landschaft soll wunderschön sein und die Stadt wird im Anhalter als Mekka für Trekker angepriesen.
Also beschliesse ich nur bis Pai zu fahren, am nächsten Tag zurück und dann Sukothai – auf eine Insel will ich es schliesslich auch noch schaffen.
Ich lasse meinen Rucksack im Hotel („50 Bath please“) und packe in den Daypack nur das, was ich als absolutes Minimum erachte. Sonnencreme & Mückenzeug. Klopapier. Zahnbürste. Ladegerät fürs Handy, Stativ, Handtuch, saubere klamotten für einen Tag. Natürlich ist das viel zu viel Gepäck, aber weniger geht nicht.
Bevor es nach Pai geht, fahre ich zum Busbahnhof und erkundige mich nach Bussen nach Sukkothai. Das Chaos ist ähnlich dem in Moi Chit, angeblich fahren Busse ungefähr stündlich, der letzte um 18.00 Uhr. Auf dem Weg aus der Stadt verirre ich mich … und bin schliesslich wieder am Hotel. Von hier aus finde ich den Weg aus der Stadt.
Auf dem Trip zum Stausee habe ich mir einen Super Sonnenbrand zugezogen. Ich fahre dieses Mal langärmlich, trotz brütender Hitze. Einen Sonnenbrand bekomme ich nicht, aber einen dicken Hals. Zwar habe ich daran gedacht mir eine Sonnenbrille zu kaufen (garantiert kein UV-Schutz), den Schal habe ich jedoch vergessen. Ich habe lange gebraucht die Ausläufer von Chiang Mai hinter mich zu bringen, jetzt ist weit und breit kein Shop zu sehen, der mir möglicherweise einen Schal verkaufen kann. Wenn ich kleinere Läden am Straßenrand sehe, verkaufen sie nur Essbares.
Buddhas sind manchmal in Tücher eingewickelt, vielleicht kann ich in einem Tempel etwas kaufen. Dieser Logik folgend, halte ich an einem Tempel. Es ist niemand anwesend und ich bin in großer Versuchung mir eines der Tücher vom Altar zu „borgen“. Das schlechte Gewissen siegt, was ist schon eine Erkältung gegenüber einem auf Ewigkeit versautem Karma.
Der Anhalter sendet mir einen Geistesblitz: Ich habe zwar keinen Schal, aber ein Handtuch! Gedacht, getan. Ich sitze also auf meinem Roller mit Körbchen, einen Helm auf dem Kopf, bei dem der TÜV-Mensch einen Herzinfarkt bekommen würde, eine 1a Pornobrille auf der Nase und ein Handtuch um den Hals geknotet. Insgeheim freue ich mich auf eine Polizeikontrolle, nur um die Gesichter der Polizisten zu sehen 😉
Ich brauche statt der veranschlagten 3 fast 4.5 Stunden reine Fahrtzeit. Ich hatte noch einen Zwischenstop an einem Wasserfall eingelegt und erreiche Pai gegen 18.00 Uhr. Es regnet. Mist 🙁
Ich tuckere langsam durch die Stadt, auf der Suche nach einer Unterkunft. An einem Schild „Restaurant & Guesthouse, recommended by the Lonely Planet“ halte ich. Wie sich herausstellt, ist es ein Restaurant und Massagesalon. Es gibt kein Zimmer, aber die Masseuse kann mich wohl zu einem Guesthouse führen. Ich bin unschlüssig und werde nass.
Ok, ich folge ihr, in meinem Kopf spielen sich wieder diverse Provisionszenarien ab, die man in der „Vorsicht!“-Spalte des Anhalters liest. Das Zimmer ist mehr als gut für mich, es gibt sogar eine heiße Dusche. Ich habe keine Ahnung, was es wert ist, mir kommen aber 300 Bath recht viel vor – das Hotelzimmer in Chiang Mai hat mich 600 ohne Frühstück gekostet. Es regnet weiter. Ok, zu faul zum feilschen, bin ich 300 Bath ärmer. Ich Dusche erstmal und setze mich dann ins Restaurant, bei einem Tee werfe ich einen Blick in den Anhalter. Die Zimmer hier im Ort werden mit 100 bis 150 Bath angepriesen. Egal, ist ja Urlaub und was sind schon 3 Euro zuviel.
Danach mache ich mich auf die Suche nach einer Apotheke. Das Szenario, wie ich mich gegenüber der Gastfamilie versuche verständlich zu machen, überlasse ich Deiner Phantasie. Zum Glück kann die enstprechenden Phrasen im Wörterbuch zeigen…
Der Apotheker spricht recht gut Englisch. Ich hoffe auf etwas ähnliches wie Grippostad C und bekomme ein Antibiotikum, wahrscheinlich noch in der Giga-Dosierung. Vor meinem geistigen Auge sehe ich meine Lieblingsschwester und -apothekerin die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Egal, ist ja Urlaub und was sind schon 50 Bath 😉
In Pai wird ebenfalls Loi Krathong gefeiert, allerdings ist das eher wie die Love Parade (Hey, ein Gecko krabbelt hinterm Monitor entlang…). Umzugswagen mit Generatoren kriechen durch die Straßen, darauf sitzen Thaidamen in einem Blumenmeer und winken pauselos. Es gibt viele Wagen mit Musik, entweder aus der Konserve oder Live. Das beste ist die Band der Pai Army, fast 10 Soldaten spielen auf der Ladefläche eines Trucks, ringsrum hüpfen die Soldaten begeistert zur punkrockigen Musik.
Der Festzug endet auf einem Rummeplatz, das Volk ergießt sich dann entlang der vielen Imbissmöglichkeiten und Attraktionen. Es gibt undefinierbares zu Essen, mehrere Live-Bühnen (eine davon mit Misswahl) und Thaiboxen. Der Kampf ist recht heftig, die Menge jubelt.
Mein Magen meldet sich und ich versuche etwas fleischloses zu finden. Schließlich finde ich einen Crepes-Stand. Es gelten für Farangs scheinbar andere Preise, das englische Menü ist etwas dreimal so teuer wie die Thaipreise.
Ein paar Meter weiter gibt es einen weiteren Crepes-Stand, ganz ohne Preise. Der Renner bei den Crepes ist Ei. Ein Ei wird auf dem Crepes zerschlagen und breitgeschmiert. Dann wird der Crepes so gefaltet, dass das Ei innen liegt und noch etwas auf der Platte gegarrt. Ich habe in den letzten zehn Tagen so viel Ei wie im gesamten letzten Jahr gegessen und entscheide mich für „Banana please“. Crepes mit Bananen sind immer lecker. „Wit Mild?“ „???“ „Wit Mild?“ Ich verstehe die Frage nicht und zucke mit den Schultern. Nach ein paar Minuten sind die Kinder vor mir abgefertigt und die Crepesdame zeigt auf mich „Banana?“ Ich freue mich „Banana, yes please“. Statt Bananen gibt es scheinbar Bananencreme oder Bananenmarmelade, das ist mir nicht ganz klar. „Wit Mild?“ Mist. Schon wieder. Mir geht langsam ein Licht auf „With Milk???“ Sie nickt, ich kann mir nur keinen Crepes mit Milch oben drauf vorstellen. „Ok, with Milk“. Sie greift zu einer Art Ketchuptube und zeigt auf den Crepes „Wid Mild“. Ok, ich nicke begeistert, das wird wohl etwas wie gesüßte Kondensmilch sein. Was es ist, erfahre ich nie, weil der Crepes eher knusprig wie ein Keks gebacken wird. Schmeckt aber lecker und hat sogar einen Hauch von Bananenaroma.
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