Wie an den Exif-Daten im Fotoblog zu sehen ist, hat sich bei mir zwischen Objektiv und Auge ein Upgrade eingestellt.
Ich fasse in diesem Artikel die Details zusammen, die mir positiv an der Nikon D90 (Affiliate-Link) aufgefallen sind. Das ausführliche Review mit allen technischen Einzelheiten kann man bei dpreview nachlesen, mir geht es eher um die Funktion aus Anwendersicht. Ich bin von einer 5 Jahre alten D70 umgestiegen, aus dieser Perspektive ist das Review auch geschrieben.
Das Display ist mit 3 Zoll natürlich genial groß. Dagegen wirkt das 1.8 Zoll Display der D70 wie eine Briefmarke. Man kann auf dem großen Display immer noch nicht sicher die Schärfe beurteilen, ohne hineinzuzoomen. Jedoch kann man dem Modell das Bild gleich nach der Aufnahme zeigen, ohne es sich den Hals verrenken muss.
Sehr gut ist die Info-Anzeige auf dem Display. Sie stellt weit mehr Informationen als das oben montierte LC-Display dar und ist besonders hilfreich, wenn man nachts mit dem Stativ arbeitet. Man kann die Infoanzeige entweder über die Info-Taste einschalten, oder sie mit der Hintergrundbeleuchtung des oberen Displays verknüpfen, die über den Hauptschalter eingeschaltet wird.
Die Info-Anzeige passt die Darstellung an den Lichteinfall im Objektiv an um bei hellem oder dunklen Umgebungslicht möglichst gut ablesbar zu sein. Warum auf einem Farbdisplay eine s/w LCD-Optik mit verblassten LC-Strukturen „emuliert“ wird, bleibt das Geheimnis von Nikon. Die Lesbarkeit der Anzeige leidet dadurch etwas, das ist auf dem rechten Bild gut zu sehen.
Man kann den Autofocus endlich umschalten, ohne sich durch die Menüs zu hangeln: Einfach die AF-Taste drücken und das Master-Rad drehen. Günstig ist auch, dass es endlich genug Fokuspunkte gibt um z.B. bei Portraitaufnahmen auf das Auge zu fokussieren, ohne hinterher den Bildausschnitt umfangreich anpassen zu müssen. Den neuen Modus AF-A habe ich noch nicht ausführlich getestet, er soll intelligent zwischen AF-S und AF-C umschalten. Der Autofocus ist, mit den passenden Objektiven, spürbar schneller. Ich habe auch das Gefühl, dass der Focus wesentlich treffsicherer als bei der D70 ist. Gerade bei actionreichen Momenten mit Kindern habe ich mich auf die „AF-Vollautomatik“ verlassen und gute Ergebnisse erzielt.
Das 18-105mm Kit-Objektiv ist zwar mit VR ausgestattet, gegenüber dem 18-70mm Kit-Objektiv der D70 ist es aber ein kleiner Rückschritt: es fehlt die Gummidichtung (die an D70 und D90 sowieso nutzlos ist) und es fehlt die Entfernungsskale. Positiv ist der extrabreite Zoomring und die 35 zusätzlichen Millimeter Brennweite.
Ich habe immer gedacht, ISO-Automatik ist eine Funktion für Anfänger, aber inzwischen habe ich sie sehr schätzen gelernt. So etwas hätte ich gebraucht, als ich noch so viele Konzerte fotografiert habe. Man hat einfach einen Freiheitsgrad mehr. Dass die aktuelle ISO-Empfindlichkeit auch endlich im Sucher angezeigt wird, ist sehr hilfreich. Beim Bild-Review wird der ISO-Wert in rot angezeigt, wenn mit eingeschalteter ISO-Automatik fotografiert wurde.
Es gibt jetzt auch ein RGB-Histogramm, ich verwende es jedoch kaum.
Noch ein unterschätztes Feature ist die Gesichtserkennung. Wenn man ein Bild im Sucher betrachtet und hineinzoomt, kann man mit dem vorderen Scrollrad von einem Gesicht zum nächsten springen und sehr schnell beurteilen, ob alle Gesichter scharf geworden sind. Leider klappt das nicht im Review-Modus, also wenn das Bild direkt nach der Aufnahme angezeigt wird. Man muss zunächst den „Play“-Button drücken. Die Gesichtserkennung funktioniert auch bei Hunden 😉
Das Rauschen ist bei ISO 3200 durchaus noch erträglich. Allerdings sollte man unbedingt die Rauschreduzierung abschalten. Diese geht für meinen Geschmack viel zu agressiv vor und sorgt für matschige Flächen – auch im RAW-File.
Enttäuscht bin ich von der Dauer der Rauschreduzierung bei Langzeitaufnahmen. Bei der D70 hat die Rauschreduzierung nach Langzeitaufnahmen teilweise die Kamera minutenlang blockiert – je nach Aufnahmelänge. Bei der D90 scheint sich die Verarbeitungsgeschwindigkeit nicht wesentlich verbessert zu haben. Nikon spricht davon, dass sich die Speicherdauer um das 1,5 bis 2fache verlängert.
Verwirrt hat mich Active D-Lightning. Adobe Lightroom kann damit nichts anfangen, die Bilder werden deshalb erstmal ziemlich dunkel. Einzig Nikon Capture NX2 (Affiliate-Link) kann derzeit die Active D-Lightning Informationen entschlüsseln. Man kann das, was Active D-Lightning macht, auch von Hand erledigen (Aufnahme unterbelichten, nachträglich die Belichtung korrigieren), also habe ich es grundsätzlich ausgeschaltet.
Die Menüs sind sehr aufgeräumt und logisch, die Hilfe auch sehr ausführlich. Die Bedienelemente sind alle so aufgebaut, wie man es erwarten würde. Wenn man von einer älteren Nikon umsteigt, muss man sich gar nicht umgewöhnen. Man entdeckt mit Freude viele Detailverbesserungen.
Wenn man den Batteriehandgriff MB-D80 (Affiliate-Link) verwendet, zeigt die Info-Anzeige den Status beider Akkus an. Die Akkus werden auch nacheinander entladen, nicht gleichzeitig. So lange ein Akku noch voll ist, zeigt das obere LC-Display stets 100% Ladung an. Es gibt im Menü auch einen Punkt „Akkudiagnose“, der den Ladestand der Akkus und eine Lebenszeitdiagnose in fünf Stufen anzeigt. Der Batteriegriff ist auf jeden Fall hilfreich, wenn man 200 Portraits am Stück schiesst, allerdings wird die Kamera in der Tasche deutlich größer.
Dass die D90 eindeutig für den Consumer-Markt gebaut wird (auf dem Nikon 90% seiner Kameras absetzt), merkt man, wenn man die Kamera an den Rechner anschließt. Sie spricht über USB nur PTP, ein Mass Storage Modus ist nicht vorgesehen. Das ist schon sehr nervig. Meist wird man sowieso einen Cardreader benutzen, aber wenn man ihn mal nicht dabei hat, steht man blöd da.
Der Wechsel von Compact Flash auf SD-Karten stört mich nicht besonders. Speicher ist so billig, und ich wollte eh schnellere Karten haben. Den Unterschied zwischen SD und SDHC habe ich auch gelernt, man brauch einen neuen Cardreader. Bei Sandisk gibt es gelegentlich Karten incl. Cardreader, dabei kann man sich halbwegs sicher sein, keine gefälschte Karte zu erwischen.
Achja, die Kamera hat Live View und einen Film-Modus. Beides ist ein Witz. Schönreden kann man das nicht. Der AF im Live-View ist saulangsam. Ich habe gehofft, mit Live-View einfacher Kirchendecken fotografieren zu können. Leider kann man aufgrund der Blickwinkelabhängigkeit nichts mehr im Display erkennen, wenn die Kamera auf dem Kirchenboden aufgesetzt wird. Ich werde mir einen Spiegel in die Kameratasche packen müssen.
Im Film-Modus reguliert die Kamera die Helligkeit über die ISO-Empfindlichkeit. Das passiert ziemlich pumpend und deutlich sichtbar. Man kann den AE-L Button benutzen um die Belichtung zu fixieren. Glücklicherweise kann man AE-L so belegen, dass ein einmalliges Drücken zur Fixierung genügt (Danke an Alexander für den Hinweis).
Wer eine DSLR kauft um Filme zu machen, sollte sich eine 5D Mark II holen. Und gutes Audioequipment. Bei beiden Kameras taugt das eingebaute Mono-Mikrofon nicht viel, bei der 5D hört man den Bildstabilisator deutlich, externen Audioquellen kann man auch nicht anschließen.
Als Fazit kann ich sagen, dass die D90 ein akzeptables Upgrade ist. Man bekommt sehr viel Kamera für relativ wenig Geld. Die meisten Schwachpunkte der D70 wurden ausgeglichen, einige sind geblieben (Dauer der Rauschreduzierung bei Langzeitbelichtungen, geringe Sucherbildgröße). Klar kann man auch viel mehr ausgeben und sich eine Vollformat-Kamera holen. Wie immer bei neuem digital-Equipment gilt auch hier: Bilder werden nicht unbedingt besser, sondern erstmal nur größer.