Parken ist in Neuseeland ziemlich entspannt. Man muss meist nur an sehr populären Plätzen dafür bezahlen, ansonsten gibt es Zeitparkplätze, auf denen man 5 bis 180 Minuten stehen kann – je nach dem, was auf dem Schild steht. Das Konzept eine Parkuhr hinter die Scheibe zu legen, ist hier nicht bekannt. Am Anfang haben wir noch gerätselt, wie das wohl funktioniert. Ich habe mich im Hostel aufklären lassen: der Ordnungshüter „macht einfach einen Strich“ (ich vermute am Rad?) und wenn er das zweite Mal vorbei kommt und das Auto immer noch vorfindet, bekommt man ein Ticket. Das ist natürlich nur bis etwa 17.00 Uhr der Fall, solange die Politesse Dienst hat.
Nelson ist eine Ausnahme, was die Parkplatzsituation angeht, fast überall findet man „Metered Parking“. Zum Glück habe ich 10 Minuten vom Hostel entfernt einen kostenlosen Parkplatz gefunden und muss am Morgen nicht hetzen – die meisten Parkplätze werden ab 8.00 Uhr kostenpflichtig.
So kann ich entspannt mein Luxusfrühstück verspeisen und dann gemütlich ins Museum of Wearable Art & Classic Cars aufbrechen. Die Ausstellung ist zweigeteilt, man kann sich ziemlich abgefahrene Klamotten der Montana World of WearableArt™ Awards Show ansehen und danach noch ein paar sehr alte und sehr schöne Autos bestaunen.
Die Kleider sind allesamt ziemlich schrill (einige kann man hier bewundern), heimliches Highligt sind die Bizarre Bras – ja das ist genau das, wonach es sich anhört 😉 Leider ist die Ausstellung ziemlich klein und man darf nur die Autos fotografieren, das finde ich ein bisschen enttäuschend. Trotzdem hat sich der Zwischenstop gelohnt, mein Klamottengeschmack dürfte wieder um einiges toleranter sein 🙂
Weiter geht´s Richtung Süden, das Tagesziel ist der Nelson Lakes National Park. Ralf hat mir ziemlich begeistert davon in einer e-Mail geschrieben, angeblich kann man nachts sehr fette Aale mit der Taschenlampe anlocken…
In St. Arnaud – das Tor zum Nationalpark – habe ich ein paar Probleme das Hostel zu finden. Die Adresse ist „Main Road“, Hausnummern scheinen die hier oben nicht nötig zu haben. Nach dem ich zwei Mal durch den Ort gefahren bin, entdecke ich schliesslich ein kleines Schild, das das Yellow House ausweist. Ein Bett kostet $26, das wichtigste waere also erledigt.
Ich bin natürlich neugierig auf den See und fahre gleich mal zum Visitor Centre. Das schliesst eigentlich gleich, ich kann aber noch ein DOC-Prospekt mit den Wanderwegen der Umgebung erwerben. Es gibt zwar zu allem erdenklichen Quatsch kostenlose Prospekte, in denen manchmal eine Karte enthalten ist, aber die DOC-Prospekte sind sehr fundiert, werbefrei und die $2 gehen in die richtigen Hände.
Am See überfallen mich gleich wieder die Sandfliegen. Die sehen aus wie Obstfliegen, stechen aber wie „richtige“ Muecken und verursachen entsprechende Qualen. Petra hatte ein Insektenschutzmittel auf biologischer Basis erworben, das relativ nutzlos war. Irgendwie habe ich von dem Limonengestank Kopfschmerzen bekommen und ihr die Flasche wieder mitgegeben. Das bereuhe ich kurz, obwohl mir der üble Geruch noch genau in Erinnerung ist.
Bewegung hilft der fliegenden Pest zu entkommen, also probiere ich die kleineren Wanderwege aus. Der Honeydew Walk führt durch ein Stück Wald, in dem es ein klein Bisschen nach Honig riecht. Der Honig ist Nahrung für viele Tiere und rührt von einem Insekt her, das in der Borke der Bäume lebt: „This insect feeds on the sugar-rich sapwood of the tree and excretes any excess sugar surplus to its requirements out through a long, white, hair-like anal tube.“ Tja, so ist die Natur halt 🙂
Im Hostel koche ich mir erstmal etwas leckeres mit Nudeln und hänge dann mit den anderen Gästen im TV-Raum vor der Glotze rum. Das neuseeländische Fernsehprogramm ist eine ziemliche Beleidigung für das Großhirn und als die Dunkelheit herein bricht, mache ich mich lieber nochmal auf, um ein paar Nachtaufnahmen zu machen.
Der See ist sehr ruhig und die Sandfliegen sind scheinbar auch schon im Bett. Ich treffe am Steg einen Engländer, der hier mit seiner Familie zeltet. Wir quatschen ein bisschen, sein Vater ist Fotograf in Rente („Old school – film only, you know?„), er ist Gärtner, hat aber dank seines Vaters immer großartige Fotos für seine Broschüren.
Ich habe zwar nicht so viele Fotos gemacht, wie ich dachte, aber dafür einen netten Abend gehabt. Im Hostel falle ich nur noch ins Bett.
Ich habe mir inzwischen angewöhnt, meine Sachen tagsüber im Kühlschrank des Hostels zu lassen, wenn man höflich fragt ist das kein Problem. So kann ich in der morgendlichen Frühlingssonne die Brunner Peninsula umwandern, während mein Käse schön frisch bleibt 😉
Der Walk um die Halbinsel des Lake Rotoiti ist entspannend, ich treffe keinen einzigen Menschen. Nach 1.5 Stunden stehe ich wieder am Parkplatz und während ich überlege, welchen Walk ich als nächstes ausprobiere, fällt mir ein, dass es hier ja noch einen anderen See gibt. Also mache ich mich nach einem kurzen Kühlschrankstop im Hostel auf zum Lake Rotoroa.
Dank der abgeschiedenen Lage sind hier noch weniger Menschen, dafür um so mehr Sandfliegen. Als ich kurz den Kofferraum geöffnet lasse, ist er gleich voll mit den Viechern. Das Problem verschiebe ich auf später und mache erstmal ein paar Fotos vom Steg. Ich renne also auf den Steg, reisse die Kamera hoch, warte kurz bis hoffentlich keine Sandfliege vor der Linse ist, drücke ab und trete unter Flüchen die Flucht an. Das ganze mache ich füer drei oder vier Fotos, dann habe ich keine Geduld mehr. Im Auto richte ich dann erstmal ein Sandfligenmassaker an, 50 Seelen hauchen ihr Leben zwischen Scheibe und DOC-Prospekt aus. Jetzt verstehe ich, was der Busfahrer im Doubtful-Sound meinte… („We are in a National Reserve, so don’t kill the sandflies. I have to clean the windows.„).
Der Braeburn-Walk wird noch erkundet, als ich fast die hälfte des Weges geschafft habe, fällt mir ein, dass das Stativ noch im Auto liegt. Das Highlight des Walks ist ein Wasserfall, zum Glück ist er nicht so wahnsinnig schön, dass ich mich sehr ärgern müsste, kein Stativ dabei zu haben.
Ich schwinge mich ins inzwischen gut aufgewärmte Auto, hoffe das beste für meinen Käse und mache mich in Richtung Hanmer Springs auf.