Die Jagt nach optischen und kulinarischen Leckerbissen ist schwieriger als gedacht. Ich irre etwas planlos durch die Innenstadt und staune ein bisschen. Alles ist einen Tick niedlicher und bunter als erwartet. Der britische Einfluss ist hier unten nicht zu uebersehen, dazu ist alles extrem sauber und ordentlich. Die Stadt kommt mir vor wie eine Art Disneyland der Realitaet.
Eigentlich suche ich etwas zu essen, bin aber unentschlossen und langsam schlaegt die Muedigkeit zu. Es ist drei Uhr Nachmittags und ich fuehle mich, als ob ich die letzte Nacht durchgemacht habe. Dazu kommt die eigenartig grell blendende Sone und die etwas zu satten Farben der Stadt. Etwas desorientiert stapfe ich so vor mich hin und lange im botanischen Garten. Lustig sind die Enten hier, die kennen keinerlei Scheu und bleiben einfach auf dem Weg sitzen, wenn man an ihnen vorbei laeuft.
Inzwischen versuchen sich Hunger und Muedigkeit gegenseitig zu uebertreffen. Freundliche Heinzelmaennchen haben Muesliriegel in meiner Fototasche versteckt, die ich mit grosser Erleichterung entdecke und verspeise. Erst hinterher geht mir auf, dass das nicht-deklarierte Lebensmittel sind, auf die bei der Einreise moeglicherweise eine fette Strafe steht (ab $200 aufwaerts). Die Neuseelaender sind ziemlich paraniod, was die Einfuhr von fremdartigen Lebensformen angeht. Selbst gebrauchte Campingausruestung wird penibel auf eventuell anhaftende Bodenspuren untersucht, jede Tasche bei der Einreise nochmal auf verstecktes Obst geroengt. Industriell verpackte Fressalien scheinen aber ok zu sein, meine eingereisene Schokolade war wohl kein Problem.
Gestaerkt beschliesse ich erstmal ins Hotel zu gehen und zu schlafen, bevor ich noch auf der Strasse umfalle. Nachdem ich eine Stunde geschlafen habe, trifft auch Petra ein. Wir beschliessen etwas essen zu gehen, was scheinbar gar nicht so einfach ist. Der freundliche Mensch an der Rezeption empfiehlt uns drei Restaurants, von denen zwei voll sind, das dritte haben wir gleich wieder vergessen. Eine Reservierung scheint hier Pflicht zu sein. Wir landen in einem extrem noblen Restaurant. Das ist zwar auch ausgebucht, wir koennen aber auf der Empore warten, bis ein Tisch frei ist. Es gibt andaechtige Musik vom Klavier, die Karte uebersichtlich, die Preise sind trotzdem nicht unangemessenen. Alle Bediensteten tragen Hut und der Kellner sieht ein wenig aus wie Frankenstein. Er scheint einen faible fuer alte Filme zu haben, ab und zu gibt es ein paar erklaerende Worte von ihm zum naechsten Song, der von einem Filmausschnitt eingeleitet wird. Alles wirkt sehr durchdacht. Ich fuehle mich etwas deplatziert, ein Qualitaetsburgerrestaurant haette es auch getan. Danach falle ich im Hotel nur noch ins Bett und schlafe wie ein Toter.
Am naechten Morgen sieht die Welt wieder normal aus, ich fuehle mich fit. Nach dem Fruehstueck in einem kleinen Cafe gegenueber vom Hotel holen wir das Mietauto von der Station ab. Lustigerweise ist es ein Schaltwagen. Das verspricht heiterkeit. In Neuseeland ist Linksverkehr, allerdings gilt trotzdem die Regel „Rechts vor Links“. Der Schalthebel ist auf der linken Seite vom Fahrer, geblinkt wird aber rechts vom Lenkrad. Es passiert nicht nur einmal dass wir mit eingeschaltetem Scheibenwischer statt mit dem Blinker abbiegen.
Der freundliche Portier im Hotel hat mir auf die Frage, wie wir aus der Stadt herausfinden erstmal die alle Highlights der Suedinsel erklaert. Dank der exzellenten Tipps finden sofort den richtigen Weg und machen uns auf den Weg Richtung Gebirge. Der Arthurs Pass fuehrt auf die Westseite der Insel, zwischendurch gibt es viel zu bestaunen. Normalerweise kann mich Landschaft nicht besonders vom Hocker werfen, heute aber haenge ich an der Scheibe (Petra faehrt) und knipse meine Speicherkarte voll.
Man kann ueberall anhalten, oft gibt es kleine Parkplaetze, der Seitenstreifen tut es aber auch. Wir nehmen uns die Zeit und halten sehr oft fuer ein Foto. Am Arthurs Pass sind Keas die Attraktion, Bergpapageien, die keine Scheu kennen und den Gaesten im Cafe auf dem Tisch rumlaufen um etwas essbares zu erbeuten.
Nach einer ausgiebigen Fotosession geht es weiter Richtung Westen. Unser Ziel ist Hokitika, eine kleine verschlafene Stadt an der Kueste, in der es nur Jadeshops zu geben scheint. Wir erkunden den Strand, finden den im Anhalter beschriebenen Aussichtspunkt auf einer Landzunge und lassen uns den Wind um die Nase wehen.